gt: Sachbuch, gt: Bildband, th: militärisch, st: Erster Weltkrieg, st: Zeppelin, zt: 20 |
Heinz URBAN
Zeppeline der kaiserlichen Marine 1914 bis 1918
Masuren-Verlag | Meersburg 2008
gebunden - 33 cm - 628 S., ca. 780 Abb.
ISBN: 978-3-00-022731-8
"Paul Conrad steht im Mittelpunkt dieser dokumentarischen Reportage aus den Zeiten des 1. Weltkrieges, in dem Zeppelin-Luftschiffe mehr oder weniger erfolgreich als Kriegsgerät Verwendung fanden.
Paul Conrad hinterließ Aufzeichnungen und Notizen aus jener Zeit, die der Autor Heinz Urban, Eigentümer des Zeppelinmuseums Meersburg, zu einer spannenden Reportage verarbeitete, wobei er auf sein umfangreiches Archiv von Büchern, Schriften, Bauplänen, Filmen und Bildern zurückgreifen konnte.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich dem Leser des Buches die Erlebnisschilderungen durch die immense Anzahl von noch nicht veröffentlichten historischen Bildern so tief einprägen, als hätte er sie selbst erlebt.
Es ist ergreifend, wie sich Paul Conrad auf seinem einsamen Gefechtsstand in luftiger Höhe plötzlich geisterhaften Erscheinungen ausgesetzt sieht und zum ersten Mal das Phänomen des Elmsfeuers erlebt, während er gleichzeitig in weiter Ferne am Horizont eine gewaltige Explosion mit einem riesigen Feuerball bemerkt.
“Soeben hatte er einen Munitionskasten in die Hand genommen und wollte ihn befestigen, als er erschrak. Zu seinem Entsetzen sah er an den Enden des Fadenvisiers auf beiden Gewehrläufen vier lange bläulich, gelbe Flämmchen leuchten. Was war das? Doch einen weit größeren Schreck bekam er, als er unwillkürlich über den Rücken des Schiffes sah und dort an allen 30 Ösen der Aufhängevorrichtungen ebenfalls diese 5 cm langen Flämmchen leuchten sah. Im ersten Moment war er derart bestürzt, dass er gar nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Wohl hatte er schon vom "Elmsfeuer" gelesen, aber noch nie diese Erscheinung erlebt.
Schon der Gedanke an eine Explosionsgefahr für sein Schiff, brachte ihn aus der Fassung. Blitzschnell dachte er daran, dass sich Knallgas bilden könnte, falls das Luftschiff steigt. Unter diesen Umständen könnte ein Brand auf dem Schiff ausbrechen und das Schiff explodieren. Die Folgen stellte er sich lieber nicht vor. Er versuchte vergeblich die Flämmchen mit den Fingern zu löschen. Doch jetzt leuchteten sie auch an seinen Fingerspitzen, ohne dass er Hitze verspürte.
Weil er trotzdem an eine Gefahr für das Schiff dachte, sprang er an das Sprachrohr, zog den Verschluss heraus und pustete, was die Lunge hergab, hinein. Er warte und warte, aber niemand meldete sich in der Führergondel. Wiederholt versuchte er es, doch vergeblich, es meldete sich niemand. Was nun? Es waren fürchterliche Minuten, die er rat- und tatenlos verbringen musste.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen Posten zu verlassen und zur Führergondel herabzuklettern. Noch einmal überzeugte er sich vom glühen des "Elmsfeuers". Es leuchtete tatsächlich überall unverändert. Er blickte über den Rücken des Schiffes und sah plötzlich in der Ferne, auf der Höhe von Stolp, eine gewaltige Feuerkugel aufleuchten und am Rande der Wolken brennend zur Erde fallen”
Welche Ängste die Besatzungen der Zeppeline durchlebten, wenn sie sich plötzlich mitten in einer Gewitterfront befanden und mit jedem Blitz und Donner glaubten sterben zu müssen, wird ebenso eindrucksvoll geschildert, wie ungleiche Gefechte zwischen Zeppelin-Luftschiffen und Jagdfliegern.
“In dieser Höhe fuhren sie den Kurs nun schon seit einer Stunde. Die Stimmung war gedrückt und jeder hoffte, dass die Wolkenwand irgendwann ein Ende haben müsste. Jeder stand schweigend auf seinem Posten und wartete nur auf das Ende der Wolkenwand. Plötzlich schlug ein greller Blitz mit einem unbeschreiblichen Krach und Donnergrollen in die Antenne. Alle erschraken und standen wie gelähmt auf ihrem Posten. Der Regen prasselte unaufhörlich auf die Außenhülle des Schiffes. Auch in die Gondeln drang Wasser ein. Der Kommandant stand reglos in der Führergondel und beobachtete die mit fürchterlichem Krachen und Grollen begleiteten ständig zuckenden Blitze, die immer näher zu kommen schienen.
Das Luftschiff war in ein grelles Licht der unaufhörlich zuckenden Blitze getaucht und jeder befürchtete, dass es bereits brannte. Von den Blitzen war die Besatzung geblendet und der Verzweiflung sehr nahe. Sie glaubten, dass ihre letzte Stunde gekommen war. Niemand war in der Lage zu sprechen.”
Auch Bombenabwürfe über an der Ostsee gelegene Länder oder über England werden geschildert.
„Während des Einsatzes über Liverpool wurde das Luftschiff sehr stark beschossen Aus verschiedenen einzelnen Gaszellen entwich Gas. Durch die unterschiedliche Verteilung der beschädigten Gaszellen verlor das Schiff Stabilität. Kommandant Kapitänleutnant Löwe erkannte die Gefahr und wollte noch den Heimathafen erreichen. Er ließ deshalb alle Ersatzteile und Maschinengewehre über Bord werfen. Doch das Luftschiff wurde immer schwerer. Er beschloss, auf dem Wasser zu landen. Noch bevor das Schiff landen konnte, brach es unerwartet in der Mitte auseinander und fiel ins Wasser. Die Besatzung der Führer- und Motorengondeln rettete sich ins Innere des Schiffes, wo sie sich auch nicht lange aufhalten konnte. Die Männer flüchteten auf die Plattform. Immer tiefer sank das Schiff. Die eisige Nacht verbrachten sie auf dem Rücken des Schiffes. Als der Morgen graute und sich der Nebel lichtete, schöpften sie neue Hoffnung.”
Alleine die Bilder des riesigen Archivs des Zeppelinmuseums Meersburg, die vom Autor in vielen Jahren und Nächten für den Druck aufgearbeitet wurden, beeindrucken durch ihre Originalität und Qualität. Der Autor hat es sich nicht nehmen lassen, eine große Anzahl erheblich beschädigter Originalbilder in mühevoller Arbeit zu rekonstruieren und mit aufwendigen Retuschen so herzurichten, dass sie dem Originalzustand entsprachen. So entstanden mit den Jahren tausende wertvolle Bilddokumente, die in diesem Buch teilweise zum ersten Mal veröffentlicht werden.
Das Buch ist nicht nur Reportage und Bildband zugleich, sondern listet in seinem Anhang eine Fülle von geschichtlichen und technischen Daten auf. Daher ist es auch als Nachschlagewerk für geschichtlich und technisch interessierte Leser zu empfehlen.
Der Autor Heinz Urban hat mit viel Liebe zum Detail akribisch sein Archiv ausgewertet und Fakten um Fakten verglichen, geprüft und so dafür gesorgt, dass dieses Buch auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügen dürfte.
Die Lektüre dieser doch recht spannend geschriebenen dokumentarischen Reportage vermittelt dem Leser überaus unterhaltend Probleme des Zeppelinbaues und geschichtliches Wissen über den 1. Weltkrieg. So wird die Geschichte des Krieges plötzlich wieder lebendig, wenn der Leser um das Besatzungsmitglied Paul Conrad bangt und miterlebt, wie auch er von dem unausweichlichen Schicksal so mancher Soldaten nicht ganz verschont bleibt.
Die in diesem Bericht veröffentlichten Originalpassagen können Ihnen nur sehr bruchstückhaft den Inhalt und die Fülle des fotografischen Materials des Buches vermitteln. Das Buch versucht selbst durch Format und Qualität dem Leser und Betrachter die Epoche der Luftschiffe der kaiserlichen Marine im 1. Weltkrieg zu erschließen.
Heinz Urban wurde am 07.09.1951 in Aldingen am Neckar geboren. Bereits in jungen Jahren hat er sich für die Luftschifffahrt interessiert und angefangen alles zu lesen und zu sammeln was er zu diesem Thema finden konnte. Seine Interesse am Bodensee war so groß, dass er nach Friedrichshafen, der Geburtsstadt des Zeppelin umzog. Zu einer seiner herausragenden Leistungen gehört auch die Gründung des "Verein zur Förderung der Zeppelin-Geschichte e.V."
Über die Jahre hat Heinz Urban über 15.000 Einzelexponate zum Thema Luftschifffahrt gesammelt. Die größte Privatsammlung der Welt." (Werbetext)
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